Was sind eigentlich Faszien?
top of page

Was sind eigentlich Faszien?

Sie sind in aller Munde und dennoch wissen Wenige was Faszien wirklich sind.



In dieser Abbildung lassen sich Faszien darstellen. So wie die Haut einer Orange kannst Du Dir Faszien am besten vorstellen. Die Haut von Zitrusfrüchten kommt unseren Faszien sehr nahe, wenn es um das Erscheinungsbild geht. Faszien Netz. Sie durchspannen den gesamten Körper und umspannen Muskulatur und Organe.


Du kennst diese womöglich noch vom Biologieunterricht. Vor 2007 sprachen Biologen hauptsächlich vom Bindegewebe.

Dabei handelt es sich um faszinierendes Wunderwerk, welches unseren Körper zusammenhält und damit schützt und stützt.



Die Faszie und die Faszien Forschung: Definition und Namensgebung


Die Namensgebung für die Faszien gestaltete sich lange als schwierig. (vom lateinischen Wort „fascia“ für Band oder Bandage abgeleitet). 1983 entschied sich das IANC (Komitee für die internationale anatomische Nomenklatur) erstmals für den Begriff „Fascia superficialis“, um dieses Gewebe zu benennen.

Als ich 2006 in der Physiotherapie - Ausbildung steckte, war der Faszien - Hype noch nicht eingeläutet, daher lernten wir noch viel über Bindegewebe. Die Bedeutung dieser Strukturen für Therapie und Training war damals noch nicht so weitverbreitet.

Erst im Jahr 2007 kam der Durchbruch: Eine Definition war gefunden. Seitdem gelten Faszien als „die Weichgewebeanteile des den menschlichen Körper durchziehenden Binde- und Stützgewebeapparats.1) Darunter werden nicht nur die lockere Faszien Schicht, bestehend aus Bindegewebszellen, sondern auch Gewebemembranen, Sehnen und festere sehnen ähnliche Gewebe gefasst. Wissenschaftlicher Pionier im Bereich der Faszien Forschung ist übrigens Faszien Spezialist Dr. Robert Schleip, Direktor der Fascia Research Group an der Universität in Ulm. Dank Dr. Schleip und seinen Kollegen konnte 2007 der erste internationale Faszien-Kongress stattfinden.


Die Faszie hält unseren Organismus zusammen


Die Körperfaszie des Menschen ist ein sich über unseren gesamten Körper erstreckendes Gewebenetz. Wenn jemand also von Faszien spricht, ist eigentlich eine Faszie gemeint, da alle Stränge und Fasern dieses Hüllgewebes verbunden sind.

Als Schutzhülle fungierend, umgibt es unsere Muskeln und Organe wie Leber und Nieren, um sie vor Schäden zu bewahren. Gleichzeitig gewähren uns Faszien dank ihrer biomechanischen Struktur innerhalb des Körpers — vor allem im Bereich der Muskulatur — Stabilität und Beweglichkeit. 2)

Sie ähneln einem Spinnennetz, welches alle wichtigen Teile an seinem Platz hält. Denn ohne sie würden wir jeglichen Halt verlieren.



Funktionen der Faszie:


eines der größten und wichtigsten Sinnesorgane des menschlichen Organismus.

Dies ist allerdings nicht alles, was die Faszie zu bieten hat! Ebenso gilt sie als eines der größten und wichtigsten Sinnesorgane des menschlichen Organismus. Zuständig ist dieses Organ für die körpereigene Wahrnehmung von Bewegungsabläufen und der Lage im Raum. Eine große Rolle hierbei spielen Propriorezeptoren, da sie für ebenjenes Eigenempfinden verantwortlich sind. Faszien beinhalten außerdem Dehnungs- sowie Schmerz- und Thermorezeptoren. Letztere sind für das Temperaturempfinden verantwortlich. Rund 100 Millionen von diesen mechanischen Reiz-Rezeptoren verteilen sich über das gesamte Faszien Netz.3) Dazu laufen zahlreiche schmerzempfindliche Nerven in den Faszien entlang.4)



Woraus bestehen Faszien?


Die Faszie selbst besteht größtenteils aus Wasser und den Strukturproteinen Kollagen und Elastin.

Kollagen wird oft in der Kosmetik verwendet, wo es bei der Faltenbildung durch Glättung und Straffung der Hautzellen Abhilfe schafft. Aber auch in der Lebensmittelindustrie kommt der Eiweißstoff in Gestalt von Gelatine vor, um beispielsweise Gummibärchen in Form zu halten. Das Glycin und prolinreiche Protein ist hygroskopisch, das heißt, es zieht Wasser an und bindet es.5)

Elastin hingegen ist ein Eiweiß, das zwar auch Struktur verleiht, allerdings viel elastischer als Kollagen ist. Beide zusammen sorgen dafür, dass das Gewebe nicht nur reißfest, sondern ebenso dehnbar bleibt —, wenn Du Deine Faszien in Schuss hältst. Diese Stabilität und Flexibilität machen das Faszien Gewebe zu einer Alleskönner-Struktur.


Wie werden sie gebildet?


Verantwortlich für den Bau des Faszien Gitters sind spezielle Bindegewebszellen, die Fibroblasten. Bestehend aus Wasser-bindendem Kollagen, haben sie die Fähigkeit, sich bis zu 200 Prozent zu erweitern.

Sie sind wie kleine Spinnentierchen, die Faser für Faser erschaffen. Den Bauplan für dieses Netz bestimmen hierbei deine Bewegungsmuster.

Von Tag zu Tag werden so die Faszien neu angelegt, um den wechselnden Ansprüchen deines Körpers gerecht zu werden.


Was ist die Aufgabe der Faszien?


Faszien haben einige Funktionen im Körper. Neben der Absorption von Stößen, dem Schutz vor Schäden und Traumata, dem Druckausgleich und der Strukturgebung, sorgen Faszien auch für die Übertragung von physischer Energie. Diese verteilen die Faszien Bänder anschließend auf zusammenwirkende und Gegenspielende Muskeln.7)

Ebenso gewährleisten speziell die Faszien Taschen, dass Muskeln beweglich und verschiebbar bleiben. Dies wird dank einer „Schmierung“ durch ein Gleitmittel aus Hyaluronsäure in Kombination mit der äußeren Gewebeschicht eines Muskels (Epimysium) erreicht. Das macht die Muskelfasern innerhalb der Faszien gleitfähig.

Außerdem speichern Faszien Fett in Form von Fettgewebe und binden Wasser. Gerade die Bindung von Wasser, Kollagen, Elastin und Zellen durch die Grundsubstanz ist enorm wichtig für den Organismus. Dadurch werden das Bindegewebe stabilisiert und Kräfte absorbiert. Gleichzeitig filtert diese Grundsubstanz auch Bakterien sowie eindringende groß molekulare Stoffe.

Beteiligung an der Bewegung

Ohne Faszien ist Bewegung für uns undenkbar. Unsere Muskeln würden so in Mitleidenschaft gezogen werden, dass nach ein paar sportlichen Aktivitäten Ende im Gelände wäre. Die Belastung und der dazugehörige Verschleiß wären einfach zu groß. Umgekehrt ist auch die Bewegung sehr wichtig für das Faszien Gewebe: damit es nicht verklebt und weil sich dadurch die Kollagenfaser-Produktion steigert.8)


Inwiefern hängen unsere Mobilität und die Faszien zusammen?


Das Faszien Gewebe ist ein sensibles Übertragungsnetzwerk von Signalen. Speziell bei Bewegungsabläufen spielen hier die Propriozeptoren eine große Rolle bei der räumlichen Wahrnehmung der Körperhaltung und -bewegung: Diese Mechanorezeptoren werden durch Druck, Kompression oder Dehnung eingeschaltet und leiten dann Informationen weiter bis ins Gehirn.

Zu faszialen Mechanorezeptoren gehören im Bereich der Muskeln die Golgi-Sehnenorgane und bei Gelenken die Paciniund Ruffini-Rezeptoren.9) Die mechanischen Prozesse innerhalb der Faszie tragen zur Koordination des motorischen Systems bei und gewährleisten die anatomische Integrität der Organe.10)


Faszien und die Schmerzentstehung


Faszien sind an der Schmerzentstehung beteiligt — kein Wunder, besteht dein ganzer Körper doch im Grunde genommen überwiegend aus einem zusammenhängenden Faszien Gewebe. Von Rücken-, Nacken- oder Schultergelenkschmerzen über Sodbrennen bis hin zur Migräne, die Ursachen für diese Schmerzzustände lassen sich meist faszial erklären. Selbst bei Entzündungen der Gelenke und Sehnen ist dies der Fall.

Darauf haben verschiedene Faktoren Einfluss:

  • Emotionale und psychische Belastungen sowie Stress13)

  • Bewegungsmangel und einseitige Bewegungen verschlimmert durch angewöhnte Schonhaltungen

  • Haltungsfehler und Überlastung

  • ungesunde Ernährung

  • Alter

  • Fetteinlagerungen


Fasziale Erkrankungen: Symptome


Bei vielen Krankheiten wird oft die Ursache fern der Faszien gesucht oder als unerklärlich befunden. So zum Beispiel denkt bei Rückenschmerzen wohl kaum einer daran, dass diese aufgrund zu großer Spannungen der Bauch Faszien entstanden sind.

Dadurch, dass alle Faszien miteinander verbunden sind, wandert der Schmerz vom Ursprung zu anderen Stellen und erschwert somit eine genaue Ortung der Schmerzquelle. Wenn Du beispielsweise aufgrund einer Fußfehlstellung einen Beckenschiefstand hast, versucht die Wirbelsäule, diesen auszugleichen. Dadurch überspannen die Faszien und der entstehende Schmerz zieht in den Nacken. Ähnlich ist es bei Verletzungen an den Füßen. Hier hat eine Überlastung Schmerzen in den Beinen zur Folge.

Ein weiterer Auslöser für fasziale Schmerzen ist psychosomatischer Natur. Stress kann ebenso Verspannungen in den Faszien verursachen. Das hängt damit zusammen, dass in Stresssituationen Botenstoffe an den Sympathikus des Gehirns geschickt werden. Dieser wiederum sendet Signale an die Nerven der Faszie, was beispielsweise Rückenschmerzen auslöst.


Quellen:

https://www.liebscher-bracht.com


1, 18, 35.

Schleip, Robert et al. Lehrbuch Faszien, 2014. VII

2, 19, 36.

Fleckenstein et al. „Faszienforschung: Quo vadis?“ In: Deutsche Zeitschrift für Akupunktur, 61 (2), 2018, 69-74, S. 70

3, 20, 37.

Fleckenstein et al. „Faszienforschung: Quo vadis?“ In: Deutsche Zeitschrift für Akupunktur, 61 (2), 2018, 69-74, S. 70.

4, 21, 38.

Gallasch, Eileen. „Faszientraining lohnt sich.“ In: DFZ, 6, 2017, 48-49, S. 48

5, 22, 39.

Jirikowski, G. „Faszien und Aponeurosen des Bewegungsapparats.“ In: Manuelle Medizin, 1, 2016, 10-13, S. 10


108 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
bottom of page